Gender Pay Gap – erfunden oder echt?

Wenn Frauen nach einer Stunde Arbeit 21 Prozent weniger Geld im Portemonnaie haben als Männer, dann sprechen wir vom Gender Pay Gap. Und der hängt weniger von der Entscheidung einer Frau ab, lieber Krankenschwester als Informatikerin zu werden, als von Strukturen, die Männer als Ernährer und Frauen als Dazuverdienerin sehen. Ist das so? Ist es!

Quellen

Der Gender Pay Gap kann übersetzt werden mit Geschlechter-Einkommenslücke oder geschlechtsspezifischen Lohnunterschied. Unterschieden wird in unbereinigten und bereinigten Gender Pay Gap, also den durchschnittlichen Bruttostundenlohn, den Männer und Frauen verdienen sowie den Wert, den Männer und Frauen für dieselbe Arbeit bekommen.

wikipedia.org: Gender Pay Gap

Neben vielen anderen Gründen sind die Einkommensunterschiede auch historisch begründet. Das Wirtschaftswunder förderte den Mann als Alleinverdiener und Ernährer, die Frau als Mutter und Hausfrau.

DW: Gender Pay-Gap im Faktencheck (via Youtube)

Aber auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg galten berufstätige Frauen als Dazuverdienerinnen, entweder um ihre Familie zu unterstützen, oder um sich auf der Arbeit einen Ehemann zu angeln. Aber keine Sorge, 2187 soll die Lohnlücke geschlossen sein – supi!

2006 lag der Gender Pay Gap in Deutschland noch bei 23 Prozent, wobei es Unterschiede sowohl zwischen neuen und alten Bundesländern gibt als auch zwischen den Altersgruppen: Je älter die Erwerbstätigen sind, desto größer ist die Lohnlücke.

bpd.de: Geschlechterungleichheiten: Gender Pay Gap

Europaweit bekleckert sich Deutschland auch nicht mit Ruhm – Im EU-Vergleich liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz; Rumänien hat mit 5,2 Prozent den kleinsten Gender Pay Gap

boeckler.de: Gender Pay Gap im Ländervergleich 2016

Sprechen wir von bereinigten Gender Pay Gap, als der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, wenn sie denselben Beruf haben, sollten wir Mädchen raten, Informatikerin oder Software-Ingenieurin zu werden. Zahntechnikerinnen oder Versicherungskauffrauen verdienen dagegen sogar bis zu 31 Prozent schlechter als ihre männlichen Kollegen.

boeckler.de: Equal Pay Day: Frauen nicht nur beim Lohn im Nachteil (PDF)

Ganz mies: „In keinem einzigen Wirt­schafts­zweig verdienen Frauen mehr als Männer“

Statistisches Bundesamt: Gender Pay Gap

Wer es noch mal ganz genau wissen will:

maiLab: Gender Pay Gap – Die ganze Wahrheit

Die Ursachen für die Lohngleichheit sind vielfältig: Berufserfahrung und Arbeitszeit spielen genauso eine Rolle wie die Berufswahl und Karriereentscheidungen.

Mädchenmannschaft.net: Gender Pay Gap: Zur geschlechtsspezfischen Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt

Zu sagen, Frauen entschieden sich einfach für schlechter bezahlte Berufe und Teilzeit, ist zu einfach gedacht. Tatsache ist, dass Berufe, die hauptsächlich von Männern ausgeübt werden, höher bewertet werden als typische Frauenberufe – verändert sich das, wie zum Beispiel im Arztberuf, sinken Ansehen und Lohnniveau.

Bei der Berufswahl werden Frauen weniger zu typischen Männer- und Karriereberufen ermutigt, eher werden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon bei der Ausbildung berücksichtigt. Immerhin ändert sich das langsam.

Zeit.de: Traditionelle Rollenbilder werden unwichtiger bei der Ausbildung

Mit Kindern kehren Frauen oft nur noch in Teilzeit ins Erwerbsleben zurück. Auch das deutsche Steuerrecht sorgt mit seinem Ehegattensplitting dafür, dass viele verheiratete Frauen nachdem sie Mutter geworden sind, in Teilzeit arbeiten.

Zeit.de: Nein, der Gender-Pay-Gap ist kein Mythos

Und schließlich sind es die berühmten Gläsernen Decken und die alltägliche Diskriminierung, die Frauen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten verwehren und damit den Gender Pay Gap weiter öffnen.

Nzz.ch: Wie viel weniger Frauen verdienen und was das mit ihren Kindern zu tun hat

Frauen, die selbstbewusst auftreten und souverän ein höheres Gehalt verhandeln, werden weniger ernst genommen, wenn nicht gar als kompliziert oder schwierig behandelt.

Der Equal Pay Day erinnert jährlich daran, dass Frauen viel weniger verdienen als Männer. 2019 haben sie bis zum 18. März umsonst gearbeitet.

equalpayday.de

Seit 2018 bietet der mit dem Entgeldtransparenzgesetz eingeführte Auskunftsanspruch die Gelegenheit, dass in Betrieben ab 200 Beschäftigten jede und jeder erfahren darf, wie sich das eigene Gehalt zusammensetzt und was die Kolleg*innen verdienen, die die gleiche oder eine gleichwertige Tätigkeit ausüben.

Spiegel.de: Neuer Auskunftsanspruch: So erfahren Sie vielleicht, was Ihre Kollegen verdienen

Das soll auch Auswirkungen auf den Gender Pay Gap haben – hat es aber bisher noch nicht. Bislang machen Beschäftigte nur selten von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch, weil Unternehmen das Gesetz größtenteils ignorieren und keinen Raum für eine Informationskultur schaffen.

Spiegel.de: Gerechtere Bezahlung von Frauen: Kaum jemand nutzt Entgeldtransparenzgesetz

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