Tanja Walther-Ahrens

Fußball macht dieser Tage keine gute Presse. Die Fifa hat wieder einmal einen Mann zu ihrem Vorsitzenden gewählt, der das dortige System der Korruption nicht nur zu unterstützen sondern mitzuverantworten scheint. Außerdem hat der Verband für die kommende WM einen Geschlechtstest angeordnet, dem sich die Frauenfußballnationalmannschaft zu unterziehen muss, um nachzuweisen, wie viele männliche Hormone in ihrem Blutkreislauf vorhanden. Und was Geschlechtergerechtigkeit und Toleranz angeht, ist der Sport weit davon entfernt, zu fairen Lösungen jenseits von Aussitzstrategien und Lippenbekenntnissen zu kommen.

Wie gut, dass es in diesem Sport Menschen gibt, die in dieser Richtung viel bewirken und sich nicht für hohle Ankündigungspolitik vereinnahmen lassen. Unser Role Model des Monats Mai, Tanja Walther-Ahrens, ist so ein Mensch. Die ehemalige Profifußballspielerin (für Tennis Borussia Berlin und Turbine Potsdam), Sportwissenschaftlerin und Sonderpädagogin setzt sich seit Jahren für die Belange von Homosexuellen im Profisport ein – insbesondere im Fußball. Sie meldet sich zu Wort, wenn Frauenfußball zu Vermarktungszwecken mal wieder „von seiner schönsten Seite“ gezeigt werden oder auf Biegen und Brechen zu einem dem heterosexuellen Auge gefälligen Sport gemacht werden soll, um das Interesse beim Publikum zu vergrößern. Sie engagiert sich unter anderem als Delegierte der European Gay and Lesbian Sport Federation und in der (mitterweile leider aufgelösten) Nachhaltigkeitskommision des DFB. Seit 2013 war sie als erste Frau Mitglied im Präsidium des Berliner Fußballverbandes, trat von diesem Amt allerdings vor wenigen Wochen zurück, weil sie ihren Namen nicht länger für eine Politik der Beschwichtigungen hergeben wollte.

Walther-Ahrens wollte etwas bewegen. Gendergerechte Sprache, die Sichtbarmachung und Überwindung von Alltagsdiskriminierungen, das Bekämpfen von Klischees und Vorurteilen.

Doch der Verband war nicht an inhaltlichen Veränderungen sondern an dem progressiven Erscheinungsbild interessiert, mit dem sich „weiße, meist mittelalte, heterosexuelle Männer“ bemänteln können. Statt die Vorschläge der Expertin in Betracht zu ziehen, hat man sie lieber wissen lassen, dass eine aktive Förderung von Frauenfußball bedeuten würde, dass Jungen und Männer nicht mehr so viele Möglichkeiten zum Kicken hätten. Und überhaupt: Internationale Fußballspiele dazu zu benutzen, im Rahmen der Veranstaltung, Frauen- und Mädchenfußball zu präsentieren ginge ja wohl gar nicht. Wie würde das denn aussehen, wenn nachher das Stadion nicht voll wird?!

Das übliche „Man müsste schon mal was machen, aber bitte nicht gerade jetzt und von uns – wir haben doch so viel Wichtigeres zu tun.“ Und wie üblich meint man, auf Frauen bräuchte man nicht zu hören. Schon gar nicht auf eine Frau, die den Sport in und auswendig kennt, bestens mit Verbandsarbeit vertraut ist, für ihren LGBT-Aktivismus mit Preisen ausgezeichnet wurde und 2011 ein kluges, anschauliches Buch darüber veröffentlicht hat, wie Geschlechterverhältnisse im Sport geschaffen und reproduziert werden und was das mit den Menschen macht.

Wir jedenfalls hoffen, dass man in Zukunft von Tanja-Walther Ahrens noch sehr viel mehr hören wird. Als Speakerin steht sie glücklicherweise zur Verfügung. Und das ist auch dringend nötig. Gerade bei diesen Themen sollte „Wir haben leider keine Referentin gefunden“ nicht längen als Ausrede gelten.