Das Ende der Hausgeburt

Stellt euch vor, die Hausgeburt wird faktisch abgeschafft und (fast) keine/r berichtet darüber. Genau das ist letzten Freitag passiert. Die Schiedsstelle, die in der Auseinandersetzung der Hebammen mit den Krankenkassen angerufen wurde, hat entschieden, nicht evidenzbasierte Ausschlusskriterien für Hausgeburten festzulegen.  Hinter dieser nüchternen Formulierung verbirgt sich nichts weniger als die berufliche Entmündigung von freiberuflichen Hebammen und die Aushebelung des Grundrechts auf freie Wahle des Geburtsortes ((Sozialgesetzbuch 5 § 24). Sie bedeutet zum Beispiel, dass in Zukunft ein Arzt oder eine Ärztin 3 Tage nach dem Verstreichen des errechneten Geburtstermins festlegt, ob eine Hausgeburt „noch möglich“ ist – nur dann bezahlen die Krankenkassen.

Zur Erinnerung: Der Voraussetzungskorridor, in dem eine Hausgeburt vor dieser Entscheidung stattfinden durfte, war schon äußerst schmal. Nur unter ganz bestimmten Umständen, die den Verlauf einer Schwangerschaft als risikoarm auszeichnen, war eine Hausgeburt überhaupt möglich. Nun werden zusätzlich Kriterien angelegt, deren wissenschaftliche Relevanz entweder überhaupt nicht gegeben oder ausgesprochen zweifelhaft ist. Zudem nähmen Arzt oder Ärztin mit der Entscheidung für eine mögliche Hausgeburt haftungsrechtliche Konsequenzen auf sich, die dazu führen werden, dass sie sich konsequent dagegen entscheiden werden. Die Verhandlungsführerin des Deutschen Hebammenverbands, Katharina Jeschke sagte dazu:

„Die Etablierung von Ausschlusskriterien hat nichts mit einer Qualitätsverbesserung in der außerklinischen Geburtshilfe zu tun, sondern bewirkt deren Abschaffung.“

Das Ganze geschieht vor dem Hintergrund, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass Klinikgeburten sicherer oder mit weniger Komplikationen verbunden sind als Hausgeburten. Und wie reagiert die Presse auf diesen Skandal? Sehr verhalten. Neues Deutschland berichtet. Das Handelsblatt ein bisschen. Hier und da war kontextlos von „Qualitätskriterien“ die Rede. Und wir? Warum berichten wir euch darüber? Weil es nicht nur ein Skandal für die betroffene Berufsgruppe und (mögliche) Schwangere ist (allein das würde schon ausreichen), sondern weil es, wie die Berliner Hebamme Anja Constance Gaca in ihrem Blog „Von Guten Eltern“ auf den Punkt bringt, schon längst und eigentlich schon immer um viel mehr geht: Nämlich um die Verteidigung der Selbstbestimmung und der Grundrechte von Frauen.

Nils Pickert