Ist Straight das neue Queer?

Ich hab eine! Mein kleiner Kiosk in Hamburg-Eimsbüttel hatte heute Morgen tatsächlich ein paar Ausgaben der neuen Frauenzeitschrift „Straight“ vorrätig, die ab heute mindestens zweimal im Jahr erscheinen soll und seit Tagen überall angekündigt wurde. Ein paar Menschen um Chefredakteurin Felicia Mutterer haben in Berlin, super mutig, einen kleinen Verlag gegründet (sehr cool: „Tschakabum“!), weil sie seit einigen Jahren den Traum haben, das stereotype Bild von Lesben zu durchbrechen.

Jetzt sitze ich am Schreibtisch und stöber. Erster Eindruck: So eine schöne Frauenzeitschrift ist zur Zeit auf dem Markt schwer zu finden – höchstens die Flow kann mithalten. Mattes Papier, viele Illustrationen und zarte Schriften, verspielt – ein Layout, das mich sehr anspricht. Die Art Direktion hat erfolgreich eine Identität kreiert, die alles andere als „burschikos, kämpferisch, hart, politisch“ ausdrückt – eben die stereotypen Vorstellungen, die im Mainstream über die Queer-Szene dominieren. Lesben sind nicht nur im allgemeinen Studierendenausschuss aktiv, sie lesen auch Vogue oder Landlust, ist die Botschaft, die ich lese. Neben obligatorischem Beauty-Produkt-Placement und Modestrecken gibt es Interviews mit Samenspendern, die gute Väter sind, einer Filmregisseurin, die diversere Frauenbilder fordert, Politik-Zitate zur Homo-Ehe oder eine Reportage zu lesbischen Frauen am Arbeitsplatz. Die „Straight“ schafft Sichtbarkeit für ein Bild lesbischer und bisexueller Frauen zwischen Anne Will und Cara Delevigne.

Und doch bin ich ein wenig enttäuscht. Ich gebe zu: Ich habe das Wunder erhofft. Dass so eine Zeitschrift, die einen neuen Markt eröffnet, eben gleichzeitig allen Frauen Glamour verschafft, die im Mainstream diskriminiert werden. Leider dürfen wieder nur die ganz schlanken, zarten und jungen Frauen die schicke Mode tragen oder cool sein.

dünn

Hach, selber machen, irgendwann. Man muss ja noch Träume haben.

Stevie Schmiedel