Geschlechtskontrolle

 

Bald ist es soweit: Pinkstinks bekommt Nachwuchs und ich mein drittes Kind. Was allseits Grund zur Freude ist (Stevie ist fast so aufgeregt wie ich!), führt allerdings auch wie schon bei meinen ersten beiden zu den üblichen Nervmomenten.

„Tja, was wird es denn?“
„Wisst ihr schon das Geschlecht?“
„Braucht ihr eine rosa oder eine hellblaue Babynagelschere?“

Scheren

Noch vor seiner Geburt ist die Frage nach dem Geschlecht meines Kindes omnipräsent. Das wirkt streckenweise so absurd, dass man das Gefühl bekommen könnte, die Gesellschaft wäre an einer Art pränataler Geschlechtskontrolle interessiert – damit alle, die sich beteiligt fühlen, vorab wissen, was da auf sie zukommt. Rosa oder Hellblau – was soll es sein? Geschlecht scheint der alles bestimmende Faktor zu sein, die Schublade, in die das Verhalten des Kindes schon im Mutterleib gesteckt wird. Hat die Schwangere einen spitzen Bauch, bekommt sie natürlich einen Jungen. Ist sie vergesslich, wird es wohl ein Mädchen werden. Bei Gelüsten nach herzhaften Speisen, ist es ein Junge, und wenn sie eher Süßes mag, dann ist es ein Mädchen. Die Liste bizarrer Geschlechtsvorhersagetechniken ließe sich fast beliebig erweitern. Wobei ich es nachvollziehbar finde, wenn Menschen, die ein Kind erwarten, die Unsicherheit der neuen Situation mit allen Informationen auffüllen, die sie bekommen können. Der Wunsch danach, zu wissen was einen erwartet, wird jedoch in ausgesprochen perfider Art und Weise von einer ganzen Industrie ausgenutzt. Im neuen MyToys Katalog ist beispielsweise genau festgelegt, wie welches Geschlecht zu sein hat.

MyToys

Spielzeug, Kleider, Kinderwagen, Dekoration – das alles wird vollkommen sinnbefreit in Zusammenhang mit dem Geschlecht meines noch ungeborenen Kindes gesetzt. Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich nicht gerne Läden betrete, um neue Sachen zu kaufen. Ich habe es satt, statt Antworten auf meine Fragen sofort eine Gegenfrage an den Kopf geworfen zu bekommen.

„Ich interessiere mich für einen Kinderwagen in richtig schönem Grün, hätten Sie vielleicht…“
„Junge oder Mädchen?“
„Ähm, ein Kinderwagen. Einen grünen Kinderwagen. Haben sie so einen vorrätig? Am besten mit Luftbereifung.“
„Für einen Jungen oder ein Mädchen?“
Seufz! Für unebenen, sandigen Boden. Ach, vergessen Sie es einfach!“

Offensichtlich wird von mir erwartet, dass ich Geschlechtsinformationen ebenso bereit halte wie Bargeld oder EC-Karte.

Sag mal, liebe Industrie, besteht da vielleicht ein Zusammenhang?

Nils Pickert