Warum sind Pronomen wichtig?

Der, die, das – wieso, weshalb, warum? Wer sich in sozialen Netzwerken von LinkedIn über Twitter bis Instagram aufhält, sieht immer öfter Pronomen in Klammern hinter dem Namen. Also, beispielsweise Margot Kasuppke (she/her) oder Toni Diaz (they/them). Dadurch sollen falsche Pronomen und damit unpassende (und unter Umständen verletzende) Geschlechts-Zuweisungen vermieden werden. 

Eine wichtige Idee hinter dem Pronomen: Die Ausgrenzung und Diskriminierung von trans Personen – also Menschen, deren bei der Geburt zugeordnetes Geschlecht nicht mit ihrem wahren Geschlecht übereinstimmt – und von nicht-binären Personen – also Menschen, die sich nicht eindeutig entweder dem einen oder dem anderen Geschlecht zugeordnet fühlen – zu vermeiden. Sie haben das gleiche Recht wie alle anderen, gesehen, respektiert und korrekt angesprochen zu werden.

Personen, die öffentlich ihr Pronomen nennen, handeln inklusiv. Diejenigen, die sich für das neutrale (they/them) entscheiden, erweitern damit auch die verbreitete, starre Geschlechter-Einteilung in rein männlich und weiblich. Denn nur ein „er“ oder „sie“ kann für einige Leute eine Einschränkung darstellen, die ihrer Lebenswirklichkeit und Identität nicht gerecht wird. 

Das hängt unter anderem mit gängigen Rollenvorstellungen zusammen, die mit männlich und weiblich verknüpft sind. Die geben ziemlich exakt vor, wie sich eine Person verhalten, kleiden oder aussehen muss und darf, um als entweder männlich oder weiblich gesehen und einsortiert zu werden: Jungs blau, Mädchen rosa. Männer Fleisch (blutig), Frauen Salat (ohne Dressing)… Dazwischen gibt es keinen Spielraum, nur entweder/oder. 

Manche Menschen passen aber nun mal in keine dieser zwei möglichen Schubladen. Oder sie passen in beide. Oder mal in die eine, mal in die andere. Oder eben in die ganze Kommode. Es gibt mehr als nur zwei Geschlechter. Wirklich. Die Welt ist nicht nur Schwarz-Weiß, das wäre ja auch furchtbar öde und einengend. 

Obwohl geschlechtsneutrale Pronomen wie they/them oft von non-binary Menschen verwendet werden, können alle ihr eigenes Pronomen wählen und öffentlich angeben, zum Beispiel in Social-Media-Profilen. Nicht-Binarität oder Trans-Sein sind keine Voraussetzung. Auch Cisgender-Personen (also Menschen, deren Geschlechtsidentität mit dem bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt) können sich ein Pronomen zuweisen. Wie Margot Kasuppke, siehe oben. Damit schaffen sie Solidarität, Normalität und ein Umfeld, in dem sich alle Geschlechter akzeptiert fühlen. 

Anders als in der englischen Sprache (they/them) gibt es im Deutschen bisher kein einheitliches Pronomen für nicht-binäre Menschen. Allerdings gibt es einige Neo-Pronomen, also Wortschöpfungen, um über eine Person zu sprechen, ohne immer ihren Namen zu nennen. Davon hat sich aber noch keins richtig durchgesetzt.

Bisher ist es auch so, dass nicht-binäre Menschen in vielen Bereichen der Gesellschaft wie Politik, Wirtschaft, Literatur noch so gut wie gar nicht vorkommen. Sprache ist ein Weg, das zu ändern.

Eine gerechte Sprache zu verwenden, die alle Menschen sichtbar macht und niemanden diskriminiert, ist nicht immer leicht. Es ist eine Umgewöhnung. Viele Leute sind (noch) nicht bereit, sich darauf einzulassen, finden inklusive Sprache nicht wichtig genug oder zu kompliziert. Doch Sprache verändert sich und damit auch, wie Menschen miteinander umgehen. Deshalb ist es so entscheidend, dass Menschen ihr Pronomen kommunizieren – auch, wenn es ihrem bei der Geburt zugewiesenen, binären Geschlecht (m/w) entspricht. 

Aber: Das sollte freiwillig und selbstbestimmt geschehen. Andere (öffentlich) dazu aufzufordern, ihr Pronomen zu ändern oder zu nennen, kann Druck aufbauen. Egal, wie gut es gemeint sein mag.

Falls bei einem Treffen die Pronomen-Situation unklar ist, einfach mit dem eigenen Pronomen anfangen. „Hi, ich bin Soundso, mein Pronomen lautet sie.“ Und mit drei Sekunden nachdenken lassen sich auch neutrale Beschreibungen für andere finden. Also, statt „der Herr da in der dritten Reihe“ eher „die Person mit der gelben Jacke“. Wer versehentlich mal das falsche Pronomen benutzt, kann sich ohne großen Aufriss kurz entschuldigen und dann das richtige nehmen. Letztlich ist es eine Frage von Rücksicht und Respekt.

Ein Personalpronomen hingegen einfach so nur basierend auf dem Aussehen zu wählen, bedeutet: Das Äußere eines Menschen definiert, wer diese Person zu sein hat, Rest egal. Und so eine oberflächliche Einschätzung kann manchmal auch einfach falsch – und deshalb verletzend – sein. 

Bei Namen machen wir das ja auch nicht so, oder? Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung: „Du siehst aus wie ein Uwe. Du musst ein Uwe sein.“ – „Ich bin aber Gustav.“ – „UWE!!“ Stattdessen wäre die Frage angebracht: „Wie heißt du?“ oder „Ich bin Margot. Und du?“ Wenn wir das mit Namen hinkriegen, dann doch sicher auch mit Pronomen. 

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Bildquelle: Jason Leung/ Unsplash