Zeiten ändern sich… langsam

Mitten in die Debatte um Regretting Motherhood platzte vor einigen Wochen das Bild eines Twitternutzers, der in seiner App des Duden Verlags den Unterschied zwischen Mutterliebe und Vaterliebe veranschaulichte.

Duden

Mit dieser Gegenüberstellung brachte er die Debatte auf den Punkt und zeigte, wie und warum sie in beide Richtungen sexistisch funktioniert. Während Mütter per se gefälligst fürsorglich und opferbereit zu lieben haben, sind Väter offenbar dazu nicht ohne weiteres in der Lage. Zumal der Duden für sich immer gelten lassen will, „dass er Sprache nicht macht, sondern nur abbildet„.

Trotzdem ist dem Verlag dank engagierter Zuschriften

mittlerweile aufgefallen, dass er in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit und Alltagssexismus blinde Flecken in der Sprach- und Selbstwahrnehmung hat. Seine Linguistik ist eben nicht nur deskriptiv, sondern auch normativ. Da ist es ein gutes Signal, dass Mutter- und Vaterliebe nun angeglichen wurden. Und ein dringend notwendiges obendrein. Sprache wirkt performativ, sie beschreibt und formt die Wirklichkeit. Eine Gesellschaft, die Homosexuelle abwertet, findet beispielsweise eine Sprache, die das abbildet. Zugleich zwingt eine Sprache, die voller abwertender Begriffe für Homosexuelle ist, negative Bilder in die Köpfe der Leute und verhindert so Toleranz gegenüber Mitmenschen. Wo man den Begriff „Schwuchtel“ vermisst, weil er in politisch unkorrekteren Zeiten angeblich so gut geeignet war, Leute zu beschimpfen, wertet man Homosexuelle ab – ganz egal wie aufgeklärt man sich wähnt und wie „überhaupt nichts das mit der Sache zu tun hat“.

Dass der Duden Verlag also nachbessert, ist ein Zeichen dafür, dass sich die Zeiten allmählich ändern. Wenn auch nur sehr langsam. Denn es bleibt noch sehr viel zu tun – auch im Duden. Warum typische Verbindungsverben bei einer Schwester heiraten mit einschließt, bei einem Bruder aber stattdessen erschießen und umbringen erschließt sich nicht.

Schwesterbruder

Eine Ärtzin hat blond und hübsch zu sein, ein Arzt darf hingegen sogar niedergelassen und diensthabend sein.

Ärzte

Eine Chefin wird vor allen Dingen über ihr Geschlecht definiert. Eigentum besitzt nur der Chef.

Chefs

Wo ein Ehemann treu, perfekt und, wenn er Pech hat, gehörnt ist, wird eine Ehefrau tpischerweise als unter anderem frustriert, untreu und eifersüchtig assoziiert.

Eheleute

Und davon, warum ein Mädchen ein Geschenk in der Hand hält, während sich ein Junge mit einem Wasserball aufpflanzt, wollen wir gar nicht erst anfangen. Die ganze Mädchen-Junge-Sektion ist ausgesprochen gruselig. All diese Dinge bilden eben nicht nur den Status Quo ab, sondern geben auch eine Zielrichtung vor. Deswegen, lieber Duden Verlag, kann und sollte Mutterliebe nur der Anfang sein.