Die Verschlankung von Plus-Size

Dass sich hinter dem Label Plus-Size oft etwas ganz anderes verbirgt als durch diesen Begriff angekündigt wird, ist schon länger ein Thema. Häufig wird Mode mit schlanken Frauen bebildert, die erkennbar weit unter den eigentlich zu bewerbenden Kleidergrößen einzuordnen sind. Aktuell betrifft das Problem Tchibo.

Abgesehen davon, dass man schon den Begriff Plus-Size kritisieren kann, und tolle Kampagnen wie #DropThePlus zeigen, dass Schönheit sich nicht auf Größennummern reduzieren lässt, finden wir es grundsätzlich begrüßenswert, wenn Tchibo in der Größenauswahl nicht bei 42 halt macht, sondern auch Kleidungsstücke bis Größe 54 anbietet. Die Auswahl der Models erscheint allerdings fragwürdig.

Warum ist nicht möglich, diese Bluse an zumindest einem von zwei Models zu zeigen, das wirklich eine Plus-Size Größe repräsentiert? Wie sollen sich potentielle Kundinnen in einem Shop mit der Überschrift Große Größen für Damen mit teilweise sehr schlanken Models identifizieren?

Woran fehlt es Tchibo in dieser Sache? Immerhin haben sich die Verantwortlichen ausführlich mit dem Thema beschäftigt, beraten Plus-Size Kundinnen auf einer eigens dafür eingerichteten Seite und vermeiden dabei einen der gravierendsten Fehler im Plus-Size Bereich: Nämlich den Eindruck zu erwecken, es gäbe in jeder Kleidergröße nur eine entsprechende Körperform. Buzzfeed hat dazu schon vor 3 Jahren einen Praxistest veröffentlicht, der sehr deutlich macht, dass Model XL nicht einfach so auf Kundinnen XL übertragbar ist. Erst kürzlich hat die Aktivistin Gabi Gregg darauf hingewiesen, wie eintönig das größenübergreifende Casting nach der Sanduhr-Figur ist, und dass es neben der Norm so viel Schönheit gibt.

Bei Tchibo scheint man das auf dem Schirm zu haben. Also was ist es dann? Vielleicht fehlt ein Stück weit der Mut, Kleidung jenseits von Größe 44 auch wirklich an den entsprechenden Models zu zeigen. Weil man sich womöglich denkt, dass dieser Schritt in letzter Konsequenz sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn doch etwas zu viel wäre. Leider wird das Problem dadurch trotz eines durchaus lobenswerten Ansatzes noch verschärft. Denn wirkliche Plus-Size Frauen werden erneut verunsichtbart und somit doppelt als unerwünscht markiert. Sie werden wieder von einer Industrie ignoriert, die sich nach zähem Ringen zu Plus-Size als Zugeständnis bereit erklärt hat. Dicke Frauen werden einmal mehr zu unsagbaren, unsäglichen  Personen degradiert. Als wie schlimm müssen fette Frauenkörper wohl gelten, wenn man nicht einmal gewillt ist, sie in der Kleidung zu zeigen, die man angeblich extra für sie angefertigt hat?

Es ist als würde sich die Industrie angeekelt abwenden, während sie dicken Frauen in Kleidergrößen mit mehr als einem X hilft. Das reicht einfach nicht, Tchibo. Da muss mehr von euch kommen. Zeig uns tolle Plus-Size Frauen.

Denen stehen deine Sachen.

Vielfalt ist Schönheit.

https://twitter.com/abrianafee/status/983847819189673984