Marine Le Pen: Präsidentin des Patriarchats

Marine Le Pen ist nicht französische Präsidentin geworden. Dass die Faschistin die Stichwahlen gegen Emmanuel Macron verloren hat, ist nicht nur eine gute Nachricht für ihr Heimatland und für Europa. Es ist auch eine gute Nachricht für den Feminismus. Genauer gesagt für queeren, intersektionellen Feminismus, für den Schutz vor Diskriminierung und Antirassismus keine Nebensächlichkeiten sind, die man vielleicht auch irgendwann mal erledigen könnte, sondern elementarer Bestandteil des menschlichen Miteinanders.

„Aber Marine Le Pen ist doch eine Frau“, sagen sie, und mit „sie“ sind vor allem diejenigen gemeint, die ihre Begeisterung darüber kaum zügeln können, dass sich Frauen immer wieder und nach wie vor zu Kronzeuginnen und Mittäterinnen des Patriarchats machen.

Diejenigen, die auf „Frauenmärschen“ nach rassistischen Gesichtspunkten für „die Sicherheit unserer Frauen“ demonstrieren.

Sie ist doch eine Frau

Und das in einem Land, in dem sich einige Männer schon freudestrahlend die Hände darüber reiben, dass sich vor dem Krieg flüchtende ukrainische Frauen bestimmt gut ausbeuten und versklaven lassen.
In dieser Gemengelage geht es nicht um die konkrete Lösung von Problemen oder gar die Abschaffung des Patriarchats, sondern um die Benennung möglichst einfacher Scheinlösungen, die als Ablenkung für das dienen sollen, was wirklich im Argen liegt. Im Argen liegt beispielsweise, dass in Frankreich über 41 % eine rechte Rassistin gewählt haben, die unter anderem muslimischen Frauen das Tragen von Kopftüchern in der Öffentlichkeit verbieten will und deren Partei nicht nur über gruselig enge Verbindungen zum Kreml verfügt, sondern auch noch Schulden in Millionenhöhe bei einem von Putins berüchtigten Geldwäscheinstituten hat.

Le Pen weiß natürlich, dass es Menschen gibt, die sie nicht nur wegen all dieser Dinge wählen, sondern auch trotzdem – zum Beispiel, wenn sie die „Aber Marine Le Pen ist doch eine Frau“ Formel geschickt ausspielt. Deshalb hat sie sich auch am 8. März zum Weltfrauentag in einem offenen Brief an wahlberechtigte Frauen gewandt. Sie kämpfe schon immer dafür, dass Frauen den wohl verdienten Platz in der Gesellschaft einnehmen können, schrieb sie darin und wollte damit die Wahl einer von einer Frau verkörperten faschistischen Ideologie als feministischen Akt verstanden wissen. Ist sie aber nicht.

Feminismus sollte immer auch Patirarchatsbekämpfung sein und das Patriarchat bekämpft man nicht dadurch, dass man einfach nur das Spitzenpersonal austauscht und ein paar mehr Frauen in Führungsverantwortung bringt, aber das patriarchale System von Teilen und Herrschen, Selbst- und Fremdausbeutung, Machtanhäufung und Benachteiligung weiterhin bestehen lässt. Aber „Marine Le Pen ist doch eine Frau“ ist dafür ebenso irrelevant, wie die Tatsache, dass Alice Weidel lesbisch ist.

Keine Wahl für Feminist*innen

Das hält beide Politikerinnen nicht davon ab, aktiv gegen die Rechte von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen vorzugehen und sich dabei die Leitsätze des patriarchalen Systems auf die Fahnen zu schreiben. Das berühmte Zitat der verstorbenen Politikerin Madeleine Albright gilt also, wenn überhaupt, dann nicht erst in dem Moment der Stimmabgabe.

Eine Faschistin wie Marine Le Pen sollte sich mit ihren Unterstützer*innen nicht darauf verlassen können, dass das Zitat erst dann greift, wenn es ihnen in den Kram passt. Sondern eben auch dann, wenn Marine „Aber sie ist doch eine Frau“ Le Pen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen mit Füßen tritt und muslimische Frauen rassistisch diskriminiert. Die von sich sagt, dass sie die Politik des Frauenverächters Trump vertritt. Und die ihren Wahlkampf, jetzt da es durch die Sanktionen nicht mehr möglich ist, nicht länger von Wladimir Putin, sondern von Viktor Orbán finanzieren lässt, der in Ungarn unter anderem lesbischen Frauen das Leben zur Hölle macht. Nichts, absolut nichts ist feministisch daran, jemanden wie Marine Le Pen zu wählen. Denn Gleichberechtigung haben wir erst dann, wenn uns die Wahl einer Faschistin ebenso zuwider ist, wie die eines Faschisten.

Wenn wir in unseren Texten von Frauen und Mädchen sprechen, beziehen wir uns auf die strukturellen und stereotypen gesellschaftlichen Rollen, die alle weiblich gelesenen Personen betreffen.

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Bildquelle: wikicommons