… aber bitte mit Sahne!

„Richtet sich Sexismus eigentlich auch gegen Männer?“
Diese Frage wird uns immer wieder gestellt – gerne auch von Männern, die uns dabei überführen wollen, dass wir mit zweierlei Maß messen. Und wir antworten dann: „Ja natürlich! Sexismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und betrifft auch Männer.“ Allerdings betrifft es sie anders, als die Fragenden gehofft hatten. Deshalb wollen wir heute mal an einem aktuellen Beispiel zeigen, wie wir das genau meinen.

Dieser Werbeclip von Nestle Australien hat für einiges Aufsehen gesorgt.

Zuschauer*innen beschwerten sich bei Nestlé und dem australischen Werberat darüber, dass der Schauspieler Nick Harrington hier in sexistischer Weise dargestellt wird.

„Wären die Rollen vertauscht mit einer jungen Frau und älteren Männern (die aus dem OFF sprechen), würden viele Leute sich beschweren.“, empörten sie sich, und „Sexismus funktioniert in beide Richtungen und der junge Mann wird hier objektifiziert“.

Der Konzern sah das anders und der Werberat pflichtete ihm bei. Während Nestlé darauf verwies, dass der Clip humorvoll und nicht herabsetzend gemeint ist, verstieg sich der Werberat sogar zu der Aussage, dieser Clip sei „empowernd“ für Männer, denn der Schaupieler „wird sexy presentiert und bleibt, ganz im Gegensatz zu obektifiziert, machtvoll“. Wir finden, dass sowohl an der Beschwerde als auch an der Verteidigung etwas dran ist. Zweifellos wäre es eine ausgesprochen sexistische Darstellung, wenn dieser Clip unter gleichen Vorzeichen mit dem weiblichen Geschlecht besetzt worden wäre. Warum sollte also ein Mann für Cremetörtchen sexualisiert werden dürfen?

Der Unterschied zwischen sexy-selbstbestimmt und sexistisch hat auch immer etwas mit der Machtfrage zu tun. Während Frauen recht häufig halbnackt auf etwaigen Produkten drapiert werden, wirkt es albern und entlarvend, wenn z.B. Männer sexistische Ducati Werbung aufs Korn nehmen und sich in gleicher Weise präsentieren wie die weiblichen Models. Genauso muss man unwillkürlich lachen, wenn man einen Mann mit Sahne ums sich spritzen sieht, weil klar ist, dass dieses Stereotyp normalerweise für Frauen vorgesehen ist. Kurz: Man kann den Sexismus, der hier wiederholt wird, nicht wirklich Ernst nehmen.

Ducati gesamt

Während weiche Brüste in der Werbung mit Orangen oder Airbags verglichen werden, ist es etwas anderes, wenn die männliche „Potenz“ mit Produkten noch überzogen wird. „Guck mal, wie dick mein Ding ist“ – ist eine andere Botschaft als „Mein Busen ist deine Orange“. Hier hat der Kleinste auch noch „den Größten“, was von der Botschaft vielleicht wirklich ermächtigend ist.

Foto morgen

Werbung mit (semi)nackten Männerkörper wirft kaum bis nie die Fragen auf, mit denen Frauenkörper behaftet werden: Gefalle ich dir? Bin ich schön genug? Was muss ich tun, damit du mich haben willst? Trotzdem betrifft Sexismus auch Männer, weil er sie limitiert. Etwa in Gestalt des Stereotyps vom „richtig dummen Mann“, der in der Familie/im Haushalt gar nichts auf die Reihe bekommt oder als Klischee vom immergeilen Bock, der sich „nicht helfen kann“ und auf Brüste starren muss. Die Bilder hier laufen aber eher unter „Wir spielen Sexismus“, wissen aber trotzdem, wo der Hammer hängt. Mit der jahrtausendalten Erfahrung, auf den Körper reduziert zu werden, sehen sich die meisten Männer nicht konfrontiert – und müssen solche Bilder deshalb nicht wirklich ernst nehmen.

Pinkstinks Team