„Was entgegnet man da?“ Mein Texterkollege blickt einigermaßen verwirrt in die Kamera seines Laptops. Einmal im Monat treffen wir uns mit anderen (seit Corona zumeist online) und schnacken über dies und das und irgendwann über das und dies. Dieses Mal kam das Gespräch irgendwann auf Beispiele für Sexismus. Und schließlich auch auf anzügliche und abwertende Bemerkungen über Frauen unter Männern.
„Was entgegnet man da?“ ist eine ziemlich gute Frage. Wie geht Mann damit um? Die Frage ist nicht nur deshalb relevant, weil man(n) von sexistisch kommentierenden Männern womöglich noch etwas benötigt, mit ihnen verwandt, verschwägert, um Ecken befreundet ist oder mit ihnen zusammenarbeiten muss. Sie ist auch ganz grundsätzlich wichtig, wenn es darum geht, dass Männer andere Männer für ihr sexistisches Verhalten verantwortlich machen und damit nicht davon kommen lassen.
Das gilt auch für Situationen, in denen Frauen als Zielobjekte sexistischer Bemerkungen gar nicht anwesend sind. Auch und gerade dann, wenn das stattfindet, was Donald Trump und seine Anhänger als „Locker Room Talk“ verharmlosen: Die Sprüche, die Abwertungen, die Prahlereien. Die Etablierung einer Hackordnung zwischen Männern auf Kosten von marginalisierten Gruppen – insbesondere auf Kosten von Frauen.
Macht und „Männlichkeit“
Ich nenne dieses Verhalten Sportfickersquash. Sportficker ist ein Begriff, der mir das erste Mal in einem Beitrag des Onlinemagazins Krautreporter begegnet. In dem Artikel geht es darum, dass Männer auch Stress im Bett haben. Unter anderem kommt darin ein Mann zu Wort, der darüber berichtet, dass einige seiner weiblichen Bekanntschaften sehr irritiert darauf reagiert hätten, wenn er nach einer Weile keine Anstalten gemacht hätte, ihnen an die Wäsche zu wollen.
Außerdem erzählt er davon, dass er sich einige Techniken antrainiert hätte, um zu überspielen, dass er „nicht so der Sportficker“ sei. Ich mag den Begriff deshalb, weil ich durch ihn zum ersten Mal ein Wort für heterosexuelle Männer habe, die sich veranlasst oder genötigt sehen, sexuelle Dominanz und Unersättlichkeit zu performen. Sportfickertum hat etwas mit Leistungsdruck zu tun. Damit, abliefern und auf Kommando seine Erektion präsentieren zu müssen. Es geht nicht um Begehren, Lust und Intimität. Es geht irgendwie noch nicht einmal so richtig um Sex, sondern eher um Macht. Nicht wirklich um Männer, sondern um Männlichkeit belegen müssen.
Und Squash, weil es ein indirekter Kommunikationsakt unter Männern ist, bei dem Frauen als Prallwand benutzt werden, um im Gespräch zu bleiben. Sagen wir ein normales Gespräch entspricht einem Federballspiel: Man spielt sich direkt den Ball zu und versucht ihn so lange wie möglich in der Luft zu halten. Eine kooperative Aktion, bei der es wichtig ist, das Gegenüber und dessen Fähigkeiten nicht aus den Augen zu verlieren und richtig einzuschätzen. Squash hingegen ist kompetitiv und braucht eine Wand, um miteinander ins Spiel zu kommen. Man blickt sich dabei auch nicht direkt an, sondern steht nebeneinander und riskiert allenfalls einen kurzen Blick auf den anderen.
Warum ist das ein Problem?
Nun könnte man meinen, Sportfickersquash sei an sich kein Problem, weil Männer das unter sich ausmachen. Es ist aber sogar ein doppeltes Problem. Erstens, weil es auch dann nicht in Ordnung ist, wenn keine weibliche Person anwesend ist. Die Abwertung von Frauen hört nicht auf, wenn die Sprecher Männerräume und -gespräche verlassen. Sie wird dort aufgebaut, erprobt, angewendet und schließlich überall hin mitgenommen.
Und zweitens dient dieses Sportfickersquash der Zurichtung von Männern. Es stellt immer wieder die gruselige Schulhofsituation her, in der heranwachsende Jungen sich nicht direkt miteinander unterhalten, sondern Frauen und Mädchen als Projektionsfläche, als Prallwand für ihre Kommunikationsversuche benutzen, die nicht direkt aufeinander bezogen sein dürfen. Nicht wertschätzend, nicht intim, nicht persönlich oder interessiert. Die sexualisierende Abwertung von Frauen und Mädchen ist der Gemeinplatz auf dem Jungen und Männer sich verabreden, um miteinander auszuhandeln, wer von ihnen das Sagen hat. Es ist das, worauf sich alle am unverbindlichsten einigen können. Das, was am wenigsten gefährlich oder entlarvend für sie ist. Locker Room Talk, um nicht zu sagen Sportfickersquash, ist das, wohin Mann immer wieder zurückkehren kann, wenn alle anderen Kommunikationsmethoden versagen.
Vertrauter Sexismus
Deswegen glauben leider auch immer noch Menschen, dass sexistische Werbung funktioniert. Es ist ein einfacher, schneller, vertrauter Weg. Was könnte in einer Sportfickersquashwelt leichter sein, als für etwas Schimmelpilzbeseitigung mit einer nackten, sexualisierten Frau zu werben, die auch noch für mietbar erklärt wird?
Was uns zur Frage zurückbringt, was Mann da entgegnet. Es mag leicht klingen, fühlt sich aber in der entsprechenden Situation oft tonnenschwer an: Mann lacht nicht in sexistische Witze rein. Mann widerspricht, zerstört die Stimmung, meckert, nervt und sucht sich Streit. Und wenn Mann die Kraft dazu hat, bietet Mann Alternativen an: Können wir nicht ohne dieses öde Getue direkt miteinander sprechen? Können wir uns nicht einfach gut unterhalten, uns für Sachen begeistern oder uns aufregen, ohne dass wir Frauen ständig als Abwertungsreferenzpunkt missbrauchen, um uns der eigenen Männlichkeit zu vergewissern? Und hey: Wie wäre es mit einer Partie Federball?
Wenn wir in unseren Texten von Frauen und Mädchen sprechen, beziehen wir uns auf die strukturellen und stereotypen gesellschaftlichen Rollen, die alle weiblich gelesenen Personen betreffen.
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Bildquelle: lorenzoantonucci/iStock