„Corona katapultiert uns in die Zukunft der Arbeit. Sind wir dafür bereit?“ Solche und ähnliche Fragen beschäftigen uns und viele andere Menschen seit Wochen. Wir haben an dieser Stelle bereits darüber geschrieben, inwieweit die gegenwärtige Krise das Abwälzen pflegerischer und kümmernder Tätigkeiten auf Frauen bloßstellt und inwiefern wir gesellschaftlich eine sehr verzerrte Vorstellung davon hatten, welche Tätigkeiten systemrelevant sind und welche nicht. Einige sind bei ihren Prognosen zuversichtlich, dass sich alles in einigermaßen bekannten Bahnen abspielt und nach dem Muster früherer Umwälzungen stattfinden wird. Sie gehen unter anderem davon aus, dass die digitale Revolution weiterhin eine Art von Vollbeschäftigung zumindest theoretisch ermöglicht.
Die Mehrzahl der Menschen wird weiterhin erwerbstätig sein, um sich und einer etwaigen Familie den Lebensunterhalt finanzieren zu können. Nur die Art der Arbeit ändert sich in diesem Szenario. Alte Jobs mögen wegfallen, aber dafür entstehen auch immer wieder neue. Eine zentrale Aufgabe bestünde dann daran, jungen Menschen diesen Transformationsprozess rechtzeitig und umfassend zu vermitteln, damit sie nicht für ein Gesellschaftssystem fit gemacht werden, das in der Form so überhaupt nicht mehr existiert.
Andere halten den momentanen Wandlungsprozess für sehr viel tiefgreifender und stellen daher nicht weniger als die Systemfrage:
Macht der Kapitalismus so überhaupt noch Sinn? Ist die Verteilung von Besitz gerecht? Und wird es in einer Zukunft zunehmend automatisierter Arbeit überhaupt noch genügend Jobs geben, die menschliche Arbeitskraft in dem Maße binden, dass der Arbeitsmarkt in seiner jetzigen Form überhaupt noch existieren wird? Dass diese Fragen auch immer die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit und Diskriminierungsschutz mit stellen, liegt auf der Hand: Schon heute möchte die Mehrheit der Millenials nicht in einem Unternehmen arbeiten, in denen Frauen und Männer nicht gleiches Geld für gleiche Arbeit bekommen.
Und von jüngeren Generationen ist diesbezüglich noch mehr zu erwarten. Denn gerade sie bekommt am deutlichsten zu spüren, dass alle unsere aktuellen Krisen zusammenhängen und alle bekämpft werden müssen, will man auch nur ein Problem lösen: #FightEveryCrisis!
Um brauchbare Lösungen wird hart gerungen. Selbst Dinge, die zunächst hilfreich erscheinen, sind bei genauerer Betrachtung kein Allheilmittel.
Aber egal welche Mittel und Wege wir finden, egal wie die Zukunft der Arbeit nun konkret aussehen wird, drei Dinge sind sicher:
- Es wird nicht so weitergehen wie bisher. Dazu ist die laufende Transformation mächtig und das Versagen zu umfassend. Wirkte Gleichberechtigung in vergangenen Krisen wie ein Luxusproblem, das hintangestellt wird, sobald es brenzlig wird, zeigt sich nun das genaue Gegenteil: Nur gleichberechtigte Gesellschaften, die Tätigkeiten und Fähigkeiten nicht qua Geschlecht verordnen, sind krisentauglich.
- Die Umverteilung des Besitzes von unten nach oben kann und darf schon deshalb nicht so weitergehen wie bisher, weil in nie gekannter Deutlichkeit klar erkennbar ist, wer hier eigentlich den Laden am laufen hält.
- Es wird vor allem auf die Besserstellung der Frauen ankommen.
Andernfalls werden wir den Krisenmodus nicht wieder verlassen können, weil wir zu unflexibel an vollkommen willkürlichen Zuschreibungen und Zwangsverpflichtungen festhalten, die uns spätestens dann gesamtgesellschaftlich lähmen, wenn diese wie zu Pandemiezeiten nicht mehr einzuhalten sind. Wenn wir die Last der Arbeit, die Entlohnung und die Verantwortlichkeit nicht fairer verteilen, dann werden wir alle darunter zusammenbrechen – nicht nur diejenigen, denen wir sie viel zu lange unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aufgebürdet haben.
Photo by: Thought Catalog on Unsplash
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