Schon klar: ich bin der Größte. Ein Wahnsinnstyp. Frauen fangen an zu flüstern, wenn ich vorbei gehe. Ich bin unwiderstehlich. Heiß. Und ganz genau so sind meine Klamotten. Ich weiß, was angesagt ist…
Was klingt als wäre mein Ego in den letzten Tagen aus unerfindlichen Gründen angeschwollen, ist tatsächlich eine Werbeansprache für „das Chauvi Set„. Ja genau: Ein Schuhpflegeset für Chauvinisten, mit dem wieder einmal klar wird, dass Sexismus ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, bei dem Frauen wie Männer auf Stereotypen fixiert werden, um ihnen erfolgreich Produkte zu verkaufen, indem Identität behauptet und anschließend konsumiert werden soll.
Der Macker, Player, Aufreißer, Hengst, Macher.
Ein Bär von einem Mann.
Warum wird mit diesen Männlichkeitsbildern geworben, was ist die Zielgruppe? Wer möchte diesen Darstellungen entsprechen, die hier wie so oft unter dem Deckmäntelchen der Ironisierung gezeigt werden? Laurie Penny, die gegenwärtig auf Lesereise in Deutschland ist, hat in ihrem neuen Buch eine interessante Antwort auf diese Frage gefunden. Sie hält die angebliche Krise der Männlichkeit, in der solche Bilder wirkmächtig sind, für eine eigentliche Krise des Kapitalismus. Die manipulative Suggestion solcher Werbung besteht in diesem Zusammenhang in der Behauptung, dass es doch so schön damals war, als Männer noch „echte Männer“ waren – und weil wir euch daran erinnern, kauft ihr bitte unsere Produkte. Weil wir ja wissen, wie es um euch steht. Wir faseln etwas von Schuhlöffeln als „sanfte Einführhilfe“ und machen Chauvinismus wieder hip, dafür kauft ihr unser Zeug.
Dabei wird genau andersherum ein Schuh draus: Wir bieten hier Produkte an, für die sich praktisch niemand interessiert und für die uns auch wirklich keine vernünftige Werbung einfällt.
Wenn wir aber ein bisschen an euren Rädchen drehen, dann überseht ihr vielleicht, wie sehr wir in der Krise stecken und macht, was ihr früher auch gemacht habt: Einfaches, unkritisches Kaufen. Was für Männer ihr tatsächlich seid und was solche Bilder mit euch machen, könnte uns nicht egaler sein. Hauptsache ihr konsumiert.
Es bleibt abzuwarten, wie lange solche Manipulationen noch verfangen.
Nils Pickert