„Hennen gackern. Hexen ebenso. Und das tut auch die Spitzenreiterin um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten.“ So beginnt ein Artikel, der sich 2007 wie viele andere mit dem Lachen von Hillary Clinton beschäftigt – der damaligen innerparteilichen Nominierungskontrahentin des späteren US-Präsidenten Barack Obama. Als „laut, unangemessen und freudlos“ beschrieb es ein ehemaliger Berater ihres Mannes. Bei Fox News wurde ihr Lachen immer wieder abgespielt und „beängstigend“ oder „unpräsidial“ genannt. Sogar „bösartig“. Das Lachen von „Shrillary“ galt Konservativen als „fake“, kühl und hyänenartig. Witze wurden gerissen und YouTube Clips zusammengestellt, die man wieder ausgrub, als klar war, dass eine Demokratin Vizepräsidentin werden würde.
Hillary Clinton und Kamala Harris lachen also falsch. Oder wie es ein Kommentar unter dem Video beschreibt: „Sie sind beide Superschurkinnen, die um jeden Preis gestoppt werden müssen.“ Die Parteichefin der österreichischen Partei NEOS, Beate Meinl-Reisinger lacht auch falsch. Findet zumindest die Kronenzeitung.
Von einem „dämonischen Dauerlachen“ ist da die Rede. Irgendwas scheint mit dem Lachen von Frauen nicht zu stimmen – und das nicht erst seit gestern: „Lachen ist männlich, Weinen dagegen weiblich“, schrieb Immanuel Kant in seinem Streit der Fakultäten und drückte damit das Unbehagen vieler seiner Zeitgenossen gegenüber weiblichem Gelächter aus.
Mittlerweile ist das Lachen von Frauen nicht nur erwünscht, sondern auch gefordert – aber eben an den „richtigen“ Stellen. Doch irgendwie machen Frauen es oft nicht richtig: Entweder lachen sie nicht, obwohl Männer sie dazu bringen wollen, oder sie lachen, obwohl andere es für unschicklich und falsch befinden. Befreites, raumgreifendes Lachen von Frauen, so beschreibt es die Kommunikationswissenschaftlerin und Lachforscherin Laura Meritt, galt und gilt immer noch als vulgär, promiskuitiv und anmaßend. Auf der einen Seite werden Frauen permanent zum Lachen oder Lächeln als Geste der Harmlosigkeit, der Zustimmung und der Unterwerfung aufgefordert und dafür angefeindet, wenn sie diese Geste denjenigen vorenthalten, die darauf Anspruch erheben.
Auf der anderen Seite scheint insbesondere Männern ihr freies, nicht auf Zustimmung, Beschwichtigung oder Ermutigung abzielendes Lachen irgendwie unangenehm und unheimlich zu sein:
Lacht die etwa über Dinge, die mich nichts angehen oder meinen Horizont übersteigen? Will die hier womöglich andeuten, dass sie mehr Humor als ich hat? Lacht die etwa über MICH?!
Es ist genau dieser Aspekt einer möglichen männlichen Kränkung, den die Schriftstellerin Margaret Atwood Anfang der 80er in ihrem Essayband Second Words so formulierte: „Männer haben Angst davor, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst davor, dass Männer sie töten.“
Männer haben Angst davor, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst davor, dass Männer sie töten.
Margaret Atwood in Second Words
Frauen sollen also lachen, aber nur an den männlichen Witz gebunden. Deshalb bevorzugen Männer laut Studien mehrheitlich Frauen, die über ihre Witze lachen. Frauen, die davon unabhängig etwas zum Lachen finden, sind ihnen ebenso suspekt wie Frauen, die selber Witze reißen. Letzteres zeigt sich auch im sogenannten Gender Joke Gap: Während einer Präsentation Witze zu reißen, wird Männern positiv und Frauen negativ ausgelegt: Er zeigt sich nahbar und macht durch seinen Humor die Präsentation anschaulich und weniger langweilig, wohingegen ihr unterstellt wird, „ihren fehlenden Geschäftssinn durch Witzchen zu maskieren“.
Letztendlich scheint es wieder einmal eine Machtfrage zu sein: Wer kann zum Lachen bringen, wer darf lachen, wer hat wann auf jeden oder auf gar keinen Fall zu lachen.
Eine befreit auflachende Frau signalisiert dementsprechend genau das: Eine zumindest in diesem Moment befreite Frau. Frei, über das zu lachen, was sie für witzig hält. So laut, raumgreifend, grunzend, zwerchfellerschütternd oder eben gackernd wie ihr Lachen nun einmal ist.
Wenn wir in unseren Texten von Frauen und Mädchen sprechen, beziehen wir uns auf die strukturellen und stereotypen gesellschaftlichen Rollen, die alle weiblich gelesenen Personen betreffen.
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Bildquelle: Etty Fidele/Unsplash